Abhängigkeit

Loslassen und Freiheit finden

Die Behandlung von Substanzabhängigkeit umfasst in der Regel zwei Phasen.

In der ersten, ein- bis zweiwöchigen Phase, geht es um den allenfalls medikamentenunterstützten körperlichen Entzug. Danach erfolgt eine Standortbestimmung, ob der Fokus der Behandlung auf eine andere psychische Erkrankung gelegt werden soll oder eine Entwöhnung im Mittelpunkt steht.

Wenn die Entwöhnung im Mittelpunkt steht, evaluieren wir zusammen mit den Patient*innen, ob eine ambulante, tagesklinische oder stationäre Weiterbehandlung in einer suchtspezifischen Institution erfolgen oder klinikintern durchgeführt wird.

 

Aufgrund der Stigmatisierung (insbesondere von Alkoholproblemen) lässt sich oft schwer erkennen, ob sich eine Sucht anbahnt oder ob der Konsum noch im Bereich der Norm liegt. Aus medizinischer Sicht ist die Sachlage klar: Eine Person hat dann ein Suchtproblem, wenn sie entweder den Konsum nicht beenden kann, ohne dass unangemessene Zustände körperlicher oder psychischer Art eintreten, oder wenn sie nicht aufhören kann zu konsumieren, obwohl sie sich oder anderen immer wieder schweren Schaden zufügt. Einer der kürzesten Fragebögen, der einfache Hinweise auf eine mögliche Suchtproblematik liefert, umfasst vier Fragen (CAGE-Test). Bei mindestens zwei Ja-Antworten bestehen deutliche Hinweise auf ein Problem:

1) Haben Sie (erfolglos) versucht, Ihren Konsum einzuschränken?

2) Haben andere Personen Ihr Konsumverhalten kritisiert und Sie damit verärgert?

3) Hatten Sie schon Schuldgefühle wegen Ihres Konsums?

4) Haben Sie jemals schon gleich nach dem Aufstehen konsumiert, um "in die Gänge zu kommen" oder sich zu beruhigen?

Medizinisch lassen sich ein schädlicher Gebrauch und eine eigentliche Abhängigkeit unterscheiden. Zentrale Kriterien bei der Alkoholabhängigkeit sind Entzugserscheinungen bei Konsumreduktion (wie Unruhe, Anspannung, Schlafstörungen, Schwitzen, Magenschmerzen oder Zittern) und Toleranzentwicklung (immer mehr trinken müssen, damit die gleiche Wirkung eintritt).

Alkoholprobleme sind schwieriger zu erkennen als beispielsweise eine Heroinabhängigkeit. Dies hängt mit der gesellschaftlichen Norm zusammen. Normal ist nicht etwa wenig: Jede Schweizerin und jeder Schweizer trinkt im Jahr durchschnittlich immerhin knapp 40l Wein, 60l Bier und 4l Schnaps. Bei vielen gesellschaftlichen Anlässen gehört Alkohol dazu. Vor allem für Betroffene ist es deshalb schwierig, bei sich selber eine Suchtentwicklung festzustellen.