Die Natur bietet einen unvergleichlichen Erholungsraum. In Zeiten, in denen wir von Reizen überflutet werden, unter Zeit- und Leistungsdruck stehen oder sehr viel Denkarbeit leisten müssen, kann uns die Natur dabei helfen, unsere Speicher wieder aufzufüllen und Erkrankungen vorzubeugen.
Erfahren Sie von Claudine Kroužel in der YB-MAG Ausgabe 03 der Saison 2023/2024 mehr über die Wirkung der Natur auf den Menschen.
Die Natur spricht alle unsere Sinne an
Im Wald spazieren und das Moos riechen, in den Bergen den Blick in die Ferne schweifen lassen, an einem kühlen Gewässer sitzen und die Füsse baden … Wir wissen instinktiv, dass uns das guttut. Unser Geist bekommt eine Pause, wir tanken Sonnenlicht, atmen frische Luft und bewegen uns. Die Natur spricht alle unsere Sinne an, lädt zu Bewegung sowie zum Entdecken ein und bietet damit einen perfekten Ort für Erholung.
Typische Anforderungen unserer Zeit
Typische Anforderungen unserer Zeit sind, dass wir uns über lange Zeit auf etwas konzentrieren müssen, wobei wir zugleich sehr vielen Reizen ausgesetzt sind, die ausgeblendet werden müssen. Man kann sich z. B. vorstellen, in einem lärmigen Grossraumbüro einer Kollegin zuzuhören, die etwas Wichtiges erklärt, gleichzeitig einen Text zu schreiben und am Handy gehen dauernd Nachrichten ein. Durch die grosse Anstrengung ermüdet das Gehirn rasch.
Wie erholen wir uns von geistiger Ermüdung?
Die Antwort ist relativ einfach. Wir brauchen Pausen und eine andere Art von geistiger Aktivität. Eine, welche mühelos unsere Aufmerksamkeit gewinnt. Eine Naturlandschaft hat alles, was es dafür braucht: das Rauschen der Blätter im Wind, ein kraxelnder Käfer, das Klopfen des Spechts und vieles mehr.
Was sagt die Forschung?
Die meisten Menschen assoziieren mit Natur Entspannung und Wohlbefinden. Dass dieser Zusammenhang gegeben ist, hat sich in den letzten drei Jahrzehnten auch von wissenschaftlicher Seite her bestätigt. Insbesondere folgende Punkte scheinen zu erklären, warum wir uns in der Natur entspannen und wohlfühlen können:
- Alltagsferne: Erholung setzt ein, wenn wir uns von den alltäglichen Pflichten, Routinen und Problemen losgelöst fühlen. Dabei geht es vor allem um die mentale Distanzierung, nicht so sehr um die räumliche.
- Bedürfnisorientierung: Es braucht Orte, die unsere aktuellen Bedürfnisse ansprechen, z. B. Ruhe, Bewegung, Abstand, Aussicht, Durchatmen. Die Natur bietet alle diese Möglichkeiten.
- Faszination: In einer Umgebung, die uns fasziniert, erholen wir uns leichter. Die Natur fördert eine entspannte Aufmerksamkeit;
wir beobachten, entdecken und staunen. - Weite: Besonders erholsam wirken weite Landschaften, wie z. B. die Aussicht von einem Berg oder die Weite des Meeres.
- Terpene: Bäume und Pflanzen kommunizieren untereinander mithilfe von Botenstoffen, sogenannten Terpenen. Im menschlichen Körper stärken diese Terpene das Immunsystem.
- Bewegung: Durch Bewegung werden Neurotransmitter oder «Glückshormone» ausgeschüttet (Dopamin, Serotonin, Endorphin). Ausserdem werden Stresshormone wie Cortisol abgebaut. Durch Bewegung geht der präfrontale Cortex, der Teil unseres Gehirns, der unsere Handlungen plant, in eine Art Ruhezustand. Nach dieser Pause ist er wieder leistungsfähiger. Sport macht den Kopf frei!
Wie Stress auf unseren Körper wirkt
Anhaltender Stress führt zu körperlicher Belastung, wobei Regenerationsprozesse heruntergefahren werden. Dies wiederum trägt dazu bei, dass Menschen körperliche, nicht übertragbare Zivilisationskrankheiten entwickeln (Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, chronische Atemwegserkrankungen, Diabetes, Erkrankungen des Bewegungsapparates).
Wie der Wald auf unseren Körper wirkt
Ein entspannter Zustand hingegen hilft dabei, Energiereserven aufzubauen. Physiologisch zeigt sich Entspannung auf verschiedenen Ebenen: Es kommt zu einer Abnahme des Tonus der Muskulatur, im Herz-Kreislauf-System erweitern sich die Gefässe, die Herzfrequenz verlangsamt sich und der Blutdruck wird gesenkt. Auch die Atmung verlangsamt sich und wird gleichmässiger. Verdauungs- und Regenerationsprozesse werden wieder aktiv. Spannend sind hierzu Forschungsbefunde, die zeigen, dass z. B. ein Waldspaziergang unser parasympathisches Nervensystem aktiviert und das Stresshormon Cortisol nachhaltig reduziert. Ein Aufenthalt in der Natur ist also nicht nur Therapie, sondern auch Prävention.
Und Sie?
Vielleicht planen Sie jetzt umso überzeugter Ihren nächsten Ausflug in die Natur und nehmen das nächste Mal noch ein bisschen bewusster einen tiefen Atemzug.